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Komi-Region (Russland): Aus alten und kaputten Pipelines in die Landschaft sickert Öl. 2011
Daniel Mueller / Greenpeace

Schmieriges Öl

Der Preis für das „schwarze Gold“ ist hoch. Das zeigen Ölunfälle wie zum Beispiel im Golf von Mexiko. Konzerne wie ExxonMobil, BP und Shell fördern Rohöl in hunderten Regionen dieser Erde. Sie bohren immer tiefer am Meeresgrund, dringen in noch entlegenere Naturregionen vor und nehmen dafür immer größere Risiken in Kauf, um auch die letzten Reserven auszuschöpfen.

Neu im Visier die Arktis: Seit 800.000 Jahren ist sie von Eis bedeckt – doch der menschengemachte Klimawandel hat in den letzten 30 Jahren drei Viertel der Eisdecke im Sommer verschwinden lassen. Bald könnte die Arktis im Sommer eisfrei sein – Shell, Gazprom, BP, Exxon und Co. wittern Morgenluft. „Es ist zynisch, dass die Konzerne, die den Klimawandel durch den Verkauf fossiler Brennstoffe maßgeblich vorantreiben, nun auch noch davon profitieren sollen“, sagt Jörg Feddern, Ölexperte bei Greenpeace. „Für die Folgen des Klimawandels hingegen haften sie nicht, denn das Eis der Arktis hat einen entscheidenden Einfluss auf die Regulierung des Weltklimas.“ Es zählt allein der Profit. In der Arktis werden bis zu 90 Milliarden Barrel Öl (1 Barrel = 159 Liter) vermutet: Viel Geld für die Konzerne, doch gerade mal ausreichend, um den derzeitigen weltweiten Ölbedarf für drei Jahre abzudecken.

Größer als Volkswirtschaften

Laut dem CNN money Ranking „Global 500“ - einem jährlichen Ranking der größten Unternehmen der Welt - waren im Jahr 2011 sieben der zehn größten Konzerne in der Öl- bzw. Gasbranche tätig: Shell führte die Liste mit  einem Umsatz von 378,1 Milliarden US Dollar an, Platz zwei belegte ExxonMobil mit 354,6 und BP sitzt mit 308,9 Milliarden  US Dollar auf Platz 3.  So ist sowohl der Umsatz 2011 von Shell als auch der Umsatz von Exxon größer als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Thailand (345 Milliarden US-Dollar) und der Umsatz von BP ist höher als das BIP von Griechenland (299.3 Mrd US-Dollar).

Diese Finanzkraft wird eingesetzt – um Einfluss zu nehmen. Die wenigsten Unfälle, sei es ein Pipeline-, Plattformleck oder ein Schiffsunglück, gelangen in die weltweiten Medien, geschweige denn werden angemessen entschädigt. Die Geschädigten haben nicht die Mittel, um sich gegen die Öl-Multis durchzusetzen. Zwei Beispiele:

Greenpeace war in den Jahren 1998 bis 2001 sowie 2011 mehrfach in Sibirien und in der Komi-Region, um sich die Auswirkungen der Ölförderung auf die Umwelt anzusehen – weit weg von einer interessierten Öffentlichkeit. In den Weiten dieser meist unwirtlichen Landschaft zählt Umweltverschmutzung scheinbar zur Tagesordnung. Eine der Hauptursachen: Ein Großteil der Pipelines ist über 30 Jahre alt und wegen starker Korrosionsschäden reparaturbedürftig. Schätzungsweise 500.000 Tonnen Öl gelangen jährlich durch russische Flüsse in den Arktischen Ozean. Landstriche ersticken in Öl, Trinkwasser ist verseucht und Züchter verlieren Weideland für ihre Tiere. Hauptlieferant von Erdöl nach Deutschland ist Russland.

Innerhalb des Jahres 2006 explodierten in Nigeria zwei Pipelines und rissen hunderte von Menschen mit in den Tod. Die vermutete Ursache ist das illegale Anzapfen von Pipelines. Nigeria ist ein an Erdöl reiches Land. Doch die Gewinne kommen nicht der Bevölkerung zugute, im Gegenteil: Die Lage der ansässigen Bevölkerung hat sich drastisch verschlechtert.

7.000 Kilometer Pipelines durchschneiden das Nigerdelta. Nach Angaben einer lokalen Umweltschutzorganisation ist seit Beginn der Förderung vor circa 50 Jahren jährlich eine Menge Öl in die Umwelt ausgetreten, die der des Tankerunglücks der Exxon Valdez entspricht, das sind ca. 40.000 Tonnen. Nach offiziellen Angaben sind in den letzten vier Jahren 3400 Öllecks registriert worden. Neben dem schlechten Zustand der Anlagen werden technische Pannen oder die Nachlässigkeit der Ölkonzerne angeführt.

Und wer haftet?

Von Präzedenzfällen ist die Rede, denn in der jüngsten Vergangenheit wurden Urteile gesprochen, die die Ölmultis in die Pflicht nehmen sollen: So wurde Shell im Falle Nigerias von einem niederländischen Gericht zu Schadensersatz verurteilt. Die Sabotage an der Leitung sei durch unzureichende Sicherung möglich gewesen. Allerdings wurde der Konzern in vier anderen Fällen freigesprochen und nur das Tochterunternehmen Shell Nigeria haftbar gemacht.

In Ecuador folgte ein Gericht der Sammelklage von 30.000 Menschen, die einer indigenen Gemeinschaft angehören. Der amerikanische Ölkonzern Chevron wurde für die Verschmutzung von rund 1,7 Millionen Hektar Regenwald im Amazonas verantwortlich gemacht. Fakt ist aber auch, dass der Konzern sich weigerte, die Entschädigung zu zahlen.

„Die Hoffnung ist, dass das ein Signal ist, die Machenschaften der großen Ölkonzerne nicht einfach so hinzunehmen“, sagt Feddern. „ Die beiden Fälle zeigen aber auch, dass die Konzerne versuchen, sich mit langwierigen Verfahren der Verantwortung und Haftung zu entziehen. Umweltschutzgruppen oder gar Einzelpersonen werden nie die Mittel haben, das gleiche Aufgebot an Juristen für sich kämpfen zu lassen. Hinzu kommt, dass in einigen Ländern die Rechtsgrundlage für eine Klage fehlt.

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