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Anti-TTIP-Demonstration in Berlin
Gordon Welters / Greenpeace

Offener Brief ans Europäische Parlament

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Nein zu TTIP! In einem offenen Brief fordern Greenpeace und mehr als 370 weitere Organisationen das Europäische Parlament auf, dem Freihandelsabkommen mit den USA nicht zuzustimmen.

Bei der Verabschiedung von Handelsabkommen spielt das Europäische Parlament (EP) eine wichtige Rolle: Ohne seine Zustimmung tritt kein Abkommen in Kraft. Und dass das Parlament auch mal „Nein“ sagen kann, hat es 2012 eindrücklich beweisen. Damals wurde ein Vorschlag der EU-Kommission zurückgewiesen, der unter der Abkürzung ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) ein Handelsabkommen gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen schaffen wollte.

 

Wenn sich die Parlamentarier nun auf ihre starke Position besinnen und gleichzeitig den offenen Brief von 375 Organisationen der Zivilgesellschaft ernst nehmen, müssten sie das umstrittene Handelsabkommen TTIP ebenfalls ablehnen.

 

Die Kritik aus der Zivilgesellschaft fließt derzeit direkt in den laufenden Abstimmungsprozess ein. Im Mai diskutiert das EP über das strittige TTIP-Freihandelsabkommen und über einen Zwischenstandbericht, vorgelegt von Bernd Lange, dem Vorsitzenden des Handelsausschusses. Bis zum 26. März können die Parlamentarier noch Änderungen für den Bericht vorschlagen.

Transparenz, Demokratie, Wahrung von Standards

Der jetzt veröffentlichte Brief kommt also zum richtigen Zeitpunkt. Er bündelt die Kritik von 375 Organisationen aus 25 der 28 EU-Mitgliedsstaaten, unter ihnen auch Greenpeace. In dem Brief schildern sie den Mitgliedern des Europäischen Parlamentes (MEPs) ihre tiefe Sorge über die vielfaltigen Bedrohungen durch das Handelsabkommen.

Dies sind die wichtigsten Forderungen zu den TTIP-Verhandlungen:

  • Transparenz: Die Verhandlungstexte der EU-Kommission und alle anderen Verhandlungsdokumente – inklusive des gemeinsamen Entwurfs von EU und USA – müssen sofort veröffentlicht werden, damit eine offene und kritische öffentliche Debatte über das TTIP-Abkommen möglich ist.

  • Demokratie: Es muss ein demokratischer Prozess in Gang gesetzt werden, einschließlich einer genauen Untersuchung und Beurteilung der Verhandlungstexte. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Verhandlungen dem öffentlichen Interesse dienen. Dieser Prozeß muss das EU-Parlament, Debatten in nationalen Parlamenten, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften und Interessengruppen einschließen.

  • Keine Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit: Alle Bestimmungen zum so genannten Investor State Dispute Settlement (ISDS) müssen dauerhaft aus den Verhandlungen herausgenommen werden. Es darf kein anderer Mechanismus eingeführt werden, der Investoren Sonderrechte einräumt – auch nicht indirekt durch bereits bestehende oder künftige Handelsabkommen.

  • Kein Rat für Regulatorische Zusammenarbeit: Jedwede Regulierung hat ausschließlich durch demokratisch kontrollierte Gremien und auf Grund demokratischer Verfahren zu erfolgen.

  • Wahrung von Verbraucherstandards: EU-Standards, die dem öffentlichen Interesse dienen, müssen respektiert werden. Sie dürfen nicht durch „Harmonisierung” nach unten auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert werden. Das Vorsorgeprinzip muss umfassend angewendet werden.

  • Unantastbarkeit öffentlicher Dienstleistungen: Keine weitere Deregulierung und Privatisierung in diesem Bereich.

  • Umweltverträgliche Landwirtschaft: Förderung menschenwürdiger und nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken und Schutz kleinbäuerlicher Betriebe.

  • Schutz der Lebensqualität: Öffentliche Institutionen müssen weiterhin über die politische Macht und die notwendigen Strukturen verfügen, um bestimmte sensible Sektoren zu schützen. Sie müssen in der Lage sein, Standards bewahren, die für unsere Lebensqualität wichtig sind. International vereinbarte Arbeits- und Umweltstandards müssen eingehalten und durchgesetzt werden. Die dauerhafte Verletzung von Arbeitsstandards sollte zur Verhängung von Geldstrafen führen.

  • Menschenrechte bewahren: Keine Beschränkungen der internationalen und europäischen Menschenrechtsstandards.

Klare Botschaft gegen TTIP

Der offene Brief endet mit der Aufforderung, ein klares und starkes Signal an die EU-Kommission zu senden: Das Europäische Parlament werde TTIP und andere gleichartige Handels- und Investitionsabkommen – etwa das EU-Kanada-Abkommen CETA – ablehnen, weil diese Vereinbarungen nicht dem öffentlichen Interesse dienen. Des weiteren bedrohen sie fundamentale Grund- und Freiheitsrechte, die in langen demokratischen Kämpfen errungen wurden – das muss die Botschaft des Parlaments an die Kommission sein.

Die Debatte des EU-Parlaments im Mai kann natürlich noch kein endgültiges Votum über TTIP fällen – das Abkommen wird schließlich noch von der EU-Kommission ausgehandelt. Aber die Erfahrungen der ersten eineinhalb Jahre TTIP-Verhandlungen zeigt: Das Parlament kann und soll eine starke Empfehlung an die Verhandlungen führende EU-Kommission richten.

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