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"Great Bear"-Regenwald in Kanada. Wald mit Wasserfall.
© Oliver Salge / Greenpeace

Forderung zum Weltgipfel 2002: Urwaldschutz

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Therefore we must face up to an inescapable reality: the challenges of sustainability simply overwhelm the adequacy of our responses. With some honorable exceptions, our responses are too few, too little and too late. Kofi Annan, Generalsekretär der Vereinten Nationen.

Alarmierender Zustand der Urwälder weltweit

Die Hälfte aller ursprünglichen Urwaldgebiete ist verschwunden. Nur 20 Prozent der weltweiten Urwälder existieren noch in großen zusammenhängenden Gebieten. Nur hier sind noch intakte und voll funktionsfähige Ökosysteme zu finden, die kaum vom Menschen beeinflusst worden sind. Zehn Jahre nach der Rio-Konferenz zu Umwelt und Entwicklung ist die Entwaldungsrate unvermindert hoch - trotz diverser Nachfolgekonferenzen. Zum Weltgipfel in Johannesburg stehen die Regierungen der Welt nun erneut in der Verantwortung: Maßnahmen zum Schutz der letzten Urwälder müssen jetzt konsequent umgesetzt werden.

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Urwälder werden vernichtet - Regierungen sehen zu

Es ist dringend notwendig, die noch verbliebenen Urwälder als ökologische Einheit für diese und kommende Generationen zu erhalten. Mehr als zwei Drittel der landlebenden Tier- und Pflanzenarten sind auf Urwälder angewiesen. Indigene Völker und traditionelle Waldbewohner brauchen die Urwälder als Lebensgrundlage und um das Überleben ihrer Kultur zu sichern. Wenn die Menschheit die Artenvielfalt der Urwälder und diese traditionellen Kulturen schützen will, muss sie die Vernichtung von Wäldern noch in diesem Jahrzehnt stoppen.

Die Urwälder sind unvermindert bedroht von:

  • industrieller Abholzung und Brandrodung,
  • der Ausbeutung von Bodenschätzen, wie Öl oder Gold,
  • der Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen,
  • forstwirtschaftlicher Übernutzung.

Urwaldschutz bedeutet: die Durchsetzung bestehender und die Verabschiedung neuer Gesetze und Leitlinien zu Schutz und nachhaltiger Nutzung, die Bestandsaufnahme und Identifizierung des Bedarfs von Urwaldschutz, die Sicherstellung, dass die lokale Bevölkerung vom Naturschutz profitiert und das Zugrundelegen des "Ökosystem-Ansatzes" bei Planung und Umsetzung aller waldrelevanten Vorhaben. Urwälder speichern zudem riesige Mengen Kohlendioxid und halten es so von der Atmosphäre fern. Der Erhalt der letzten Urwälder trägt erheblich zum globalen Klimaschutz bei.

Die CBD - Fundament für möglichen Urwaldschutz

Der Urwaldschutz ist ein gemeinsames Anliegen der Menschheit. Durch die in Rio 1992 verabschiedete völkerrechtlich verbindliche Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) haben die Regierungen eine gemeinsame, aber individuell differenzierte Verantwortung für den Schutz der Urwälder übernommen. 184 Staaten haben diese Konvention bereits unterschrieben. Einige Länder, darunter auch die USA als wichtigstes Importland für Holz aus Urwaldzerstörung, weigern sich bisher, die Konvention zu ratifizieren. Auf ihrem sechsten Treffen im April 2002 in Den Haag (COP-6 CBD) verabschiedeten die Vertragsstaaten ein Arbeitsprogramm zum Schutz der biologischen Vielfalt in den Wäldern. Dieses Wald-Arbeitsprogramm enthält über 130 Maßnahmen, unter anderem:

  • gegen den illegalen Holzeinschlag und den Handel damit,
  • die Sicherung und Ausweitung von Urwald-Schutzgebieten,
  • die Abschaffung von Subventionen, die zu Waldzerstörung führen,
  • die Wiederaufforstung übernutzter Wälder.

Doch diesen zu begrüßenden Beschlüssen stehen gravierende Mängel gegenüber:

  • Es bleibt offen, in welchen Teilschritten und bis wann die Maßnahmen umgesetzt werden sollen.
  • Die Maßnahmen beziehen sich nicht auf die letzten Urwaldgebiete im Norden und in den Tropen. Doch der Schutz der nordischen und tropischen Urwälder ist am dringendsten geboten.
  • Die Industrieländer haben bisher kein Finanzierungskonzept zum Urwaldschutz vorgelegt. Dabei sind sie durch Urwaldholz- Importe maßgeblich für die Zerstörung der Wälder verantwortlich.
  • Zudem bezieht sich das Wald-Arbeitsprogramm nicht auf das in der CBD verankerte Vorsorgeprinzip.

Greenpeace-Forderungen an den Weltgipfel

Greenpeace ruft die Staats- und Regierungschefs dazu auf, beim Weltgipfel vom 26. August bis 4. September 2002 in Johannesburg/Südafrika in globaler Verantwortung die Zukunft der Urwälder zu sichern. Dafür ist notwendig:

1. Völkerrechtlich verbindliche Abkommen

Die Regierungen müssen völkerrechtlich verbindliche Abkommen verabschieden und umsetzen, um die Aktivitäten der Forst- und Holzindustrie zu kontrollieren und damit eine weitere Entwaldung und Degradierung der Urwälder zu verhindern. Das Ziel muss sein, den fortschreitenden Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen.

2. Sofortiges Umsetzen des Wald-Arbeitsprogramms der CBD

Die Maßnahmen müssen für alle verbliebenen großen nordischen und tropischen Urwaldgebiete angewandt werden. Die Umsetzung der Maßnahmen muss dabei effektiv kontrolliert werden. Insbesondere die Markierung des Landes indigener Völker und die Wahrung ihrer Rechte muss vorrangig von den Staaten umgesetzt werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen müssen an Planung und Kontrolle - international, national sowie lokal - beteiligt werden. Der Weltgipfel soll der Vervollständigung des globalen Schutzgebietssystems "Weltnaturerbe" der UNESCO zustimmen und dieses unterstützen.

3. Vorsorgeprinzip

Die industrielle Holznutzung und andere industrielle Aktivitäten müssen in noch intakten Urwäldern und anderen Waldgebieten von entscheidender ökologischer Bedeutung so lange gestoppt werden, bis

a) ein Netzwerk von repräsentativen Urwald-Schutzgebieten eingerichtet ist und

b) auf wissenschaftlicher Basis die Waldgebiete definiert sind, in denen eine nachhaltige Waldbewirtschaftung betrieben werden kann.

Damit soll aus Gründen der Vorsorge eine weitere Fragmentierung der letzten Urwälder verhindert werden. Eine nachhaltige Waldnutzung und deren unabhängige anerkannte Zertifizierung durch den Weltforstrat (Forest Stewardship Council, FSC), muss unterstützt werden.

4. Finanzierung

Mindestens 17 Milliarden Euro pro Jahr hält Greenpeace innerhalb der nächsten zehn Jahre für notwendig, um das Wald- Arbeitsprogramm der CBD umsetzen zu können. Die Verteilung des Geldes sollte von der Globalen Umweltfazilität (GEF) der UN übernommen werden. Subventionen, Abschreibungen, Zölle und Verschuldungen, die zur Zerstörung von Urwäldern beitragen, müssen sofort abgebaut werden. Steuergelder dürfen zukünftig nicht mehr für Holz- und Papierprodukte aus Urwaldzerstörung ausgegeben werden. Für die öffentliche Beschaffung und für öffentliche Aufträge muss zukünftig ein Nachweis für Nachhaltigkeit und Legalität der Waldnutzung, wie durch das FSC-Zertifikat, vorliegen.

5. Haftung

Die Forst- und Holzindustrie muss zukünftig für die negativen ökologischen und sozialen Folgen ihrer Urwaldzerstörung haftbar gemacht werden.

V.i.S.d.P.: Martin Kaiser

Stand: 07/2002

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