TTIP nährt Zweifel: Bleiben EU-Gentechnikstandards erhalten?
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Wer die 248 Seiten des geleakten TTIP-Papiers durchsehe, werde dort weder das Chlorhühnchen noch das Wort Gentechnik finden. Das sagte Jürgen Knirsch, Greenpeace-Experte für Handel am 2. Mai auf der Kommunikationskonferenz re:publica anlässlich der Veröffentlichung der Dokumente. Was aber haufenweise zu finden sei, seien Vorschläge der Amerikaner, wie Regulierung zukünftig erfolgen solle. Und es sei eindeutig, dass das in Europa verankerte Vorsorgeprinzip durch das amerikanische Risikoprinzip ersetzt werden solle. Der Druck der US-Seite auf die EU-Unterhändler ist gewaltig. Die Frage ist, ob letztere dem standhalten.
Vorsorge oder Risiko?
Ein warnendes Beispiel sind die strengen EU-Regeln zum Umgang mit der Agro-Gentechnik. Erst am 21. April hat Greenpeace gemeinsam mit Corporate Europe Observatory und Genewatch offen gelegt, wie die EU-Kommission unter dem Druck der US-Regierung anstehende Entscheidungen zu neuen gentechnischen Verfahren hinauszögerte.
Die strengen Regeln der EU haben dazu geführt, dass derzeit in Europa der Anbau nur einer einzigen Gen-Pflanze erlaubt ist. In Deutschland ist sie wegen Umweltrisiken verboten, weitere 16 Mitgliedsstaaten haben den Anbau ausgeschlossen, in nur 5 Ländern wächst der Gen-Mais. Auf US-amerikanischen Feldern wachsen hunderte Sorten. Dort kommen schon heute Pflanzen ungeprüft auf Acker und Teller, die mit neuen gentechnischen Verfahren wie z.B. CRISPR/Cas9 entwickelt wurden. CRISPR/Cas9 ist eines der als „Genome Editing“ bezeichneten gentechnischen Verfahren, das heißt der Veränderung von Erbgut. In den USA werden diese Verfahren und die mit ihnen entwickelten Pflanzen überwiegend nicht als Gentechnik eingestuft.
Geht es nach der US-Regierung oder Konzernen wie Monsanto oder Dow DuPont, dann passt Europa sich dieser Einstufung an. In der EU aber zeichnete sich eine andere Entscheidung ab: Pflanzen und Tiere, die mit neuen gentechnischen Methoden erzeugt werden, hätten demnach den gleichen Verfahren der Risikobewertung, Zulassung, Kennzeichnung und Überwachung zu unterliegen, die auch für die bisher eingesetzten gentechnischen Methoden gelten. Den amerikanischen Interessenvertretern blieb diese Entwicklung nicht verborgen. Sie erhöhten den Druck – und die EU-Kommission wich zurück. Die für Ende 2015 erwartete Entscheidung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.