In 70 Städten: Greenpeace-Gruppenaktionstag zu Plastik in Kosmetik
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„Für viele Leute war das neu“, sagt Ingrid Boitin von der Greenpeace-Gruppe Lübeck. „Die waren richtig schockiert!“ Am vergangenen Samstag informierten Greenpeace-Freiwillige in rund 70 deutschen Fußgängerzonen Passanten darüber, wie viel Kunststoffe (inklusive Silikone) in herkömmlicher Kosmetik steckt – bei vielen Verbrauchern herrscht in dieser Hinsicht Aufklärungsbedarf.
Die Aktivisten in Lübeck zeigten an ihrem Stand Produkte, die Kunststoffe enthalten, außerdem zwei Probengläser, in denen man die herausgefilterten Plastikpartikel aus einer gebrauchsüblichen Tube sehen kann: „Die stammen aus einem Kinderduschgel mit Flitterzeug“, erklärt Ingrid Boitin, „und aus einem Gesichtspeeling – da war richtig viel Plastik drin.“
Plastik aus Kosmetik landet im Meer
Diese Produkte schaden der Umwelt, aber das Problem ist nicht allen bewusst. „Viele Menschen wissen nicht, dass sie jeden Tag Mikroplastik aus Make-Up, Peeling oder Duschgel in unsere Flüsse und Meere spülen“, sagt Sandra Schöttner, Greenpeace-Expertin für Meere. Kleinste Meereslebewesen können Mikroplastik mit Nahrung verwechseln oder unbewusst aufnehmen; damit landet es in der Nahrungskette.
Den Herstellern ist die Problematik – im Gegensatz zu vielen Konsumenten – sehr wohl vertraut. Trotzdem handeln sie nicht entsprechend. Zwar haben sie sich zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung durchgerungen, doch die scheint eher darauf zu zielen, durch Zugeständnisse ein grundsätzliches Verbot von Mikroplastik zu verhindern. Wie eine internationale Greenpeace-Befragung ergab, definiert jeder Hersteller Mikroplastik wie es ihm passt – und flüssige, gel- oder wachsartige Kunststoffe werden dabei sowieso völlig ignoriert.
Dabei gibt es für die meisten dieser flüssigen Kunststoffe keine oder nur sehr lückenhafte Kenntnisse über ihre Umweltverträglichkeit. Die Hersteller sind gesetzlich nicht verpflichtet, sie darauf zu testen – trotz der breiten Anwendung dieser Kunststoffe in ihren Produkten. Sie sind oftmals langlebig, nicht selten umweltschädlich und können sich in Geweben anreichern, wie beispielsweise Silikone in Kabeljau.
Das Problem per Gesetz lösen
Die freiwillige Selbstverpflichtung kann man also als gescheitert betrachten – darum ist eine gesetzliche Regelung notwendig. Greenpeace sieht Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in der Pflicht: „Erste Länder wie USA, Kanada und Großbritannien gehen das Mikroplastik-Problem bereits per Gesetz an“, sagt Sandra Schöttner. „Deutschland muss jetzt mit einer umfassenderen Regelung nachziehen.“
155 Unterschriften hat die Greenpeace-Gruppe Lübeck am Samstag gesammelt – manche Passanten brauchten etwas Zureden, viele waren sofort überzeugt. Die am häufigsten gestellte Frage lautete, wo überall Plastik drin sei, sagt Ingrid Boitin – einfacher lässt sich beantworten, wo es nicht drin ist: „Naturkosmetik kann man guten Gewissens empfehlen.“