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Zwei Aktivist:innen platzieren ein Dioxin-Warnschild in einem Naturschutzgebiet neben der Chemiefabrik Spolana Neratovice, die stark mit Dioxinen verseucht ist.
© Greenpeace

Spolana verpestet Umland seit Jahrzehnten

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Spolana ist schon früher dafür kritisiert worden, die Öffentlichkeit nur unzureichend über die Gefährlichkeit der Anlage informiert zu haben. Von 1965 bis 1968 wurden dort Chemikalien für die Herstellung des Entlaubungsmittels 'Agent Orange' produziert. Erst als Arbeiter erkrankten, verzichtete man auf die Produktion. Zurück blieben hochgradig verseuchte Gebäude, darunter auch eins, das zu den weltweit am stärksten mit Dioxin belasteten zählt. Während des Elbe-Hochwassers im August stand das Gelände unter Wasser. Mehr als 80 Tonnen hochgiftiges Chlor traten damals aus und vernichteten die Pflanzen in der Nachbarschaft.

Laboranalysen der tschechischen Umweltgruppe Arnika haben ergeben, dass sich in der Elbe nahe der umstrittenen Chemiefabrik Spolana polychlorierte Biphenyle (PCBs) im Wasser befinden. Die Umweltschützer zeigten sich von dem Befund überrascht, da sie eigentlich nach DDT gesucht hatten. Wir waren geschockt, sagte Jindrich Petrlik, stellvertretender Vorsitzender von Arnika, in der Online-Ausgabe der Prague Post. Obwohl die gefundenen Werte nicht auf lebensbedrohliche Konzentrationen hinweisen, sind die Umweltschützer besorgt und wollen die Quelle des Giftes finden, bevor sich die Situation verschlimmert.

Die zuständige staatliche Prüfstelle kündigte inzwischen an, mit der Umweltgruppe zusammenzuarbeiten und in den kommenden Wochen weitere Proben zu nehmen. Noch sei nicht bekannt, wo genau und über welche Fläche verteilt das anerkannte Analyselabor die Proben genommen habe, teilte eine Sprecherin mit. Von Seiten der Chemiefabrik war zu erfahren, dass bisher keine Untersuchungen zur Gewässerverunreinigung durch PCBs durchgeführt worden sind. Man gehe aber davon aus, dass es keine Lecks gebe, aus denen das Dauergift entweichen könne.

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Update vom 11.11.2002

Strafanzeige wegen Spolana

Greenpeace hat bei der Oberstaatsanwaltschaft in Prag Strafanzeige gegen die tschechische Staatsvermögenskasse gestellt. Die Anzeige richtet sich gegen die Entscheidung der Kasse die Basic-Catalytic-Destruction-(BCD)-Technologie bei der Beseitigung von Dioxin-Verseuchungen auf dem Spolana-Fabrikgelände in Neatovice einzusetzen. Der Auftrag im Werte von 100 Millionen Euro war ohne öffentliche Ausschreibung an die französiche Firma SITA Bohemia vergeben worden. Laut Greenpeace liegt damit eine Verletzung des Artikel 255 des tschechischen Strafgesetzbuches vor.

"Die Tatsache, dass die Kasse eine Studie vorbereitet hat, die praktisch nur eine bestimmte Technik berücksichtigt und die Argumentation, dass kein Bedarf an einer öffentlichen Ausschreibung bestehe, wirft Fragen auf", erklärte Juri Tutter, Geschäftsführer von Greenpeace Tschechien. "Auch die Eile, mit der jetzt über die Vergabe des Auftrages entschieden wurde, ist auffällig. Sie steht in krassen Gegensatz zu dem langsamen Umgang mit Streitfragen in der Vergangenheit. Das stützt den Verdacht, dass die Kasse sich absichtlich so verhalten hat."

Es gibt Reinigungs-Technologien, die besser geeignet sind, Giftverschmutzungen zu beseitigen. Anders als die BCD-Methode basieren sie nicht auf der Verbrennung der Chemikalien. Greenpeace-Experten haben vor mehreren Jahren eine Liste herausgebracht, in der alle verfügbaren Technologien aufgeführt sind, die für Dioxin-Dekontamination benutzt werden können. Auch die Staatsvermögenskasse wurde davon in Kenntnis gesetzt.

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Update vom 2.3.2003

Spolana ist sich keiner Schuld bewusst

Bereits seit Jahren hat Greenpeace immer wieder auf die Gefahr einer Überflutung des verpesteten Geländes hingewiesen. Dort wurden in den sechziger Jahren unter anderem Grundstoffe für das im Vietnamkrieg benutzte Entlaubungsmittel Agent Orange hergestellt. Es ist nie saniert worden. Vor dem Hochwasser war die Quecksilber-Konzentration an einigen Stellen so hoch, dass man die silbrigen Kügelchen mit bloßem Auge erkennen konnte.

Greenpeace-Sprecher Jan Haverkamp wies die Analyse des Unternehmens zurück: "Spolana hat jahrelang unsere Warnungen überhört und den Schutz vernachlässigt. Das Werk hat während des Hochwassers grundlegende Sicherheitsregeln missachtet. Die vorgelegte Analyse ist ein trauriger Beweis, dass die neu eingesetzte Firmenleitung es mit Offenheit und Verantwortung so wenig ernst nimmt wie die alte." 

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Update vom 12.08.2003

Greenpeace-Aktive fordern Verantwortung von Spolana

Einer der feinsten Giftcocktails: Dioxin, Quecksilber, Polychlorierte Biphenyle und Hexachlorbenzol stammt von der tschechischen Chemiefabrik Spolana. Bei der laufenden Produktion, aber auch aufgrund von Altlasten verseucht die halbstaatliche Fabrik an der Elbe Wasser, Boden, Pflanzen, Tiere und Menschen der näheren und weiteren Umgebung.

Grund genug für Greenpeace der seit Jahrzehnten arbeitenden Dreckschleuder erneut einen Besuch abzustatten. Am Sonntagmorgen erklomm ein internationales Team von Greenpeace-Kletterern den 200 Meter hohen Schornstein der Chemiefabrik Spolana. Im Gepäck: Ein Riesen-Banner mit der Forderung "Stoppt Dioxin - Quecksilber - PCB - HCB!". Außerdem ruft Greenpeace das Spolana-Management auf, endlich der Verantwortung des Unternehmens Rechung zu tragen. Die Chemiefirma muss alle Vergiftungs-Opfer entschädigen.

Vergiftet hat das Chemie-Unternehmen nicht nur das Betriebsgelände, die Umwelt und die Anrainer, sondern auch ihre eigenen Mitarbeiter. So wurde zwischen 1966 und 1968 das Pflanzenvernichtungsmittel 2,4,5-T produziert. Es handelt sich dabei um einen Stoff für das berüchtigte Agent Orange, das die USA im Vietnamkrieg als Entlaubungsmittel einsetzten. Nachdem rund 80 tschechische Spolana-Angestellte ernsthafte gesundheitliche Schäden davontrugen, wurde die Produktion eingestellt. Heute sind nur noch 14 der Betroffenen am Leben.

Auch in jüngster Zeit fanden Untersuchungen auf dem Firmengelände hohe Konzentrationen an den Giftstoffen im Erdreich und einigen Gebäuden. Aber Dioxin, Quecksilber und HCB können auch im Boden und im Fettgewebe von Nutztieren und Fischen in der näheren Umgebung von Spolana nachgewiesen werden. Das zeigen unabhängige Laboruntersuchungen im Auftrage von Greenpeace. Die Chemiefirma ließ sich zu der arroganten Erklärung hinreißen, dass die Tierhalter, Bauern und Landbesitzer die Verseuchung selbst verursacht hätten.

Welche Gefahren von dem belasteten Firmengelände ausgehen, hat sich vor einem Jahr herausgestellt. Während des extremen Elbehochwassers wurde die nahe am Fluss gelegene Betriebsfläche vollständig überschwemmt. Rund 3.500 Tonnen teilweise hochgiftiger Chemikalien wurden ausgespült oder mitgerissen. Aus einem Lager für Chlor entwichen Tonnen des tödlichen Gases. Ein Teil gelang in die Luft und gefährdete die Menschen in den umliegenden Ortschaften.

"Die beiden katastrophalen Flussverschmutzungen in den vergangenen Jahren waren vorhersehbare Ereignisse", kritisiert Andreas Bernstorff, Gift- und Chemieexperte von Greenpeace. "Sowohl der Goldminenunfall im rumänischen Baia Mare im Jahre 2000, bei dem der ungarischen Fluss Theiss auf 700 Kilometer durch Blausäure vergiftet wurde, als auch die Elbverseuchung vor einem Jahr durch Spolana. Die Risikofreudigkeit der jeweiligen Betreiber wäre drastisch reduziert, wenn wir über internationale Umwelthaftungsgesetze verfügten. Dadurch würden die Verursacher zur Kasse gebeten."

Die Greenpeace-Aktion in Spolana setzt den Startpunkt für die Elbe-Tour 2003. Greenpeace will damit die tschechische Öffentlichkeit informieren. Zugleich soll auf die Gefahren und Risiken der an der Elbe gehäuft anzutreffenden Chemie-Anlagen und ihrer bedrohlichen Produkte für den Fluss hingewiesen werden.

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Update vom 14.10.2003

Jetzt reinigen!

Greenpeace-Aktivisten aus 20 Ländern füllten am Montag dioxinverseuchten Schlamm aus einem Kanal nahe dem tschechischen Chemiewerk Spolana in Sicherheitsbehälter und übergaben diese den Verantwortlichen: Spolana soll endlich den Sondermüll entsorgen, der seit langem das Werksgelände und die umliegenden Gewässer vergiftet.

"Letztes Jahr fand das Gesundheitsamt so hohe Konzentrationen von giftigen Chemikalien in Eiern und Fischen, dass sie nicht zum Verzehr freigegeben werden konnten", berichtet Dr. Miroslav Suta, Chemieexperte bei Greenpeace Tschechien.

Obwohl entlang der Elbe immer wieder überhöhte Mengen Dioxin, Quecksilber und Chlorgas gemessen werden und obwohl feststeht, dass diese und andere Chemikalien aus Spolana kommen, weisen die Betreiber die Verantwortung weit von sich. "Die Dreistigkeit des Spolana-Managements ging sogar so weit, die Landbesitzer der Umgebung zu beschuldigen, ihr eigenes Land zu vergiften", empört sich Suta.

Greenpeace fordert von Spolana, das Gelände jetzt zu sanieren und sicherzustellen, dass nicht noch weitere Chemikalien austreten.

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Update vom 14.09.2004

Dioxinfabrik Spolana vor Gericht

Die umstrittene Chemie- und Dioxinfabrik im tschechischen Spolana an der Elbe beschäftigt nun die Gerichte. Die Klage auf Schadensersatz haben Grundbesitzer aus der Nachbarschaft der Fabrik angestrengt. Angeklagt ist neben den Vertretern der Fabrik auch der staatliche Fonds für Nationalbesitz. Der war bis zum Verkauf an das polnische Unternehmen PKN Orlen Haupteigentümer der Fabrik.

Greenpeace versucht bereits seit Frühjahr 2001, die Aufmerksamkeit staatlicher Stellen auf das unverantwortliche Verhalten des Fabrikmanagements zu lenken. Laboranalysen zeigten die hochgradige chemische Verseuchung von Boden, Hühnereiern und Entenfleisch in der Region. Als der staatliche Veterinärdienst im Juni 2003 eigene Analysen der Eier anstrengte, führte das lediglich zu einem Verbot für die Hühnerhaltung im nahe gelegenen Libis. Im Februar dieses Jahres fanden dann staatliche Gesundheitsstellen, dass die Dioxin-Blutwerte bei den Menschen rund um Spolana doppelt so hoch waren wie in einer Vergleichsgruppe.

Auswirkungen auf die Fabrik hatten diese Funde jedoch nicht. Offenbar gab man sich mit der zynischen Erklärung der Spolana-Manager zufrieden: Die Belastungen stammten von gestohlenen Pestiziden, die von ehemaligen Mitarbeitern gleich sackweise entwendet worden sein sollten. Eine Verseuchung der Umgebung durch den Normalbetrieb der Fabrik schloss man aus.

"Das ist ungeheuerlich!", kommentiert Dr. Miroslav Suta, Chemieexperte bei Greenpeace Tschechien. "Es scheint der Versuch zu sein, die Spolana-Manager von jeglicher Verantwortung freizusprechen. Dabei ließ man hochgefährliche Chemikalien jahrzehntelang ungesichert herumstehen, so dass sie Überschwemmungen ausgesetzt waren und in die Luft und ins Grundwasser entweichen konnten."

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Umweltverbrechen multinationaler Konzerne

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Datum
Müllhalde mit Kühen in Ghana

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